Dienstag, 22. April 2014

Tell the wolves I'm home

Aus einer Laune heraus begann ich in meinem Zimmer ein wenig Ordnung zu schaffen, durchforstete mehrere Papierstapel, die sich in letzter Zeit - zum Teil auch in den letzten Monaten - angesammelt hatten, als eine Karte zu Boden fiel. Sie war hellgrün, mit Herzen darauf; jedes stand für etwas anderes: Kraft, Mut, Glück, Lachen, Frieden und so weiter. Eine Glückwunschkarte. Eine Glückwunschkarte wie jede andere.
Dennoch schnürte mir etwas den Hals zu. Der Absender war nämlich nicht wie jeder andere. Der Absender war ... speziell.
Obwohl ich wusste, dass ich es lassen sollte, obwohl ich wusste, dass ich die Karte nicht ohne Grund so tief in diesen Papierstapeln vergraben habe, die ich so ungern aufräume und ordne, tat ich es.
Ich legte die Hefte, Blätter und Prospekte neben mich und bückte mich nach der hellgrünen Karte, lief langsam zu Heizung und ließ mich an ihr hinabgleiten. Mit angewinkelten Beinen studierte ich die Vorderseite, sog jedes Wort in mich auf und versuchte die Eigenschaften mit mir in Verbindung zu bringen. Manche gingen, andere ließen mich einfach nur schlucken. Bei "Liebe" fing ich an sarkastisch zu grinsen.
Da mir das einfache Anschauen aber nicht reichte, sondern mich noch mehr quälen wollte,
klappte ich die Karte auf - und sofort wieder zu.
Allein diese Handschrift zu sehen, trieb mir Tränen in die Augen. Immer noch. Wütend - auf mich selbst? -  klappte ich sie wieder auf und zwang mich Satz für Satz zu lesen. Wieder und wieder. Erst als ich nichts mehr sehen konnte, weil die Buchstaben ineinander verschwammen, wendete ich meinen Blick ab und kniff die Augen zusammen und warf die verdammte Karte von mir fort.
Verstört, aber voller Genugtuung, weil ich den leichten Anflug von Hass - ja, Hass - in mir gespürt habe und der mir zeigte, dass ich die Kraft habe, Gleichgültigkeit vorzutäuschen und alles wieder zu verdrängen.

Mit einem Lächeln auf dem tränennassen Gesicht stand ich auf und versteckte die Karte erneut vor mir.

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